Geschichte des Franziskanerordens
Die vom hl. Franz von Assisi (1181/82-1226) ins Leben gerufene Brüderschaft wurde mit der Anerkennung durch Papst Innozenz III.(1209/10) und der Bestätigung der endgültigen Regel (1223) zum Orden der Minderen Brüder (Ordo Fratrum Minorum, OFM).
Nach Deutschland kamen die ersten Franziskaner im Jahr 1221. Sie fanden hier rasch Lebens- und Wirkmöglichkeit. Davon zeugen die etwa 200 Konvente, die zum Ende des 13. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum dokumentiert sind.
Die Ausbreitung des Ordens fiel mit dem Prozess der Verstädterung zusammen. Zum Stadtbild der aufstrebenden Städte gehörten sehr schnell Klöster der Franziskaner (neben Dominikanern, Augustiner-Eremiten und auch Karmeliten). Die pastorale Tätigkeit der Ordensleute kam dem Anliegen der städtischen Bevölkerung entgegen. Andererseits konnten die zur Besitzlosigkeit verpflichteten Brüder nur mit deren Hilfe von ihrer Arbeit leben. Diese fruchtbare Kooperation von Stadt und Kloster bestimmte die Anfangsgeschichte der Franziskaner in Deutschland. Sie prägte freilich auch deren franziskanische Lebensform und Tätigkeit.
Spaltung des Ordens und andere Erschütterungen
Im 15. Jahrhundert drängten Reformimpulse aus Italien und Frankreich nach Deutschland. Mit Hilfe der geistlichen und weltlichen Obrigkeit konnten sich die reformerischen Kräfte, die sog. Observanzbewegung, durchsetzen. Das führte zur Spaltung des Ordens (Franziskaner und Franziskaner-Konventualen), die im Jahr 1517 durch Papst Leo X. offiziell vollzogen wurde. Die im gleichen Jahr in Deutschland ausbrechende Reformation erschütterte den Orden zutiefst. Einige Franziskaner wurden zu begeisterten Anhängern Martin Luthers und seiner reformatorischen Theologie, andere zu entschiedenen Gegnern. Der Orden verlor in den evangelischen Städten und Ländern seine Klöster. Eine Konsolidierung setzte erst im Laufe des 17. Jahrhunderts ein. Förderer waren jetzt die weltlichen und geistlichen Landesherren, die Klostergründungen ermöglichten und zeitgemäßes Apostolat in Seelsorge, Predigt und Schule erwarteten. In die Franziskanerklöster zog barocke Lebensform mit entsprechender Frömmigkeit und Geistigkeit ein.
Mit den grundlegenden politischen und kirchlichen Veränderungen um 1800 kam diese ordensgeschichtliche Epoche an ihr Ende. Die Säkularisation führte zur Aufhebung fast aller Franziskanerklöster in Deutschland. Der Neubeginn setzte nur zögerlich ein; jede Klostergründung hing von staatlicher Genehmigung ab und blieb unter strenger staatskirchlicher Aufsicht. Trotzdem konnte sich der Orden behaupten und nach und nach seine alte Organisation wieder aufnehmen.
Heute: Weltweite franziskanische Präsenz
Die apostolische Tätigkeit fand ihren Ausdruck in seelsorglicher Aushilfe, Volksmission, Wallfahrtsorten und Exerzitien. In großem Ausmaß engagierten sich die deutschen Franziskaner jetzt in der Auslandsmission (China, Japan, Südamerika). Der Orden wurde weltweit präsent, freilich noch unter der Form eines europäischen Franziskanertums. Der geographischen Ausbreitung entsprach das personelle Wachstum, das ein vielfältiges, beeindruckendes Apostolat ermöglichte.
In jüngster Vergangenheit und Gegenwart teilt der Orden, der nach den Jesuiten und Benediktinern weltweit immer noch mit ca. 12.000 Mitgliedern der drittgrößte Orden ist, das Geschick aller Orden der katholischen Kirche: In den alten Ländern zahlenmäßiger Rückgang, Verlust prestigeträchtiger Funktionen und Reduzierung der apostolischen Tätigkeiten. In den Ländern der „Dritten Welt“ findet der Orden zu eigener Prägung des franziskanischen Lebens.
Die der Situation geschuldeten Beschränkungen führen überall zur Neubesinnung auf „das“ Franziskanische und seiner heute verständlichen Umsetzung. Programmatisch sind Einfachheit, Brüderlichkeit, Option für die Armen und Unterprivilegierten, Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung, für Frieden und Gerechtigkeit und zeitgemäße Evangelisation.
In unserer Provinz in Deutschland (der „Franziskanerprovinz von der heiligen Elisabeth“ KdöR mit Sitz in München) leben ca. 260 Franziskaner in mehr als 26 Häusern. Nimmt man die Angehörigen der Franziskanischen Familie zusammen (d.h. auch die Minoriten und Kapuziner) sind die Franziskaner nach den Benediktinern die zweitstärkste Ordensgemeinschaft in Deutschland.